Tiere als Begleiter
Leben mit Tieren im Seniorenpflegeheim Haus Siloah
Haustiere wecken Emotionen und Erinnerungen, spenden Trost, bieten sinnliche Eindrücke und sind immer ein willkommenes Gesprächsthema – in jedem Alter, an jedem Ort, bei Wind und Wetter. In einem großen Gehege im beschützten Garten des Seniorenpflegeheims Haus Siloah in Bad Krozingen leben derzeit zwei Ziegenböcke (sie hören auf die Namen Herr From und Herr Jung), elf wunderschöne, große, weiße Sundheimer Hühner und ein Hahn sowie drei kleine, schwarze, puschelige chinesische Seidenhühner. In der Voliere fühlen sich Wellensittiche, Kanarienvögel und Wachteln wohl. Auch eine Katze aus der Nachbarschaft ist gerne bei uns zu Gast und lässt sich kraulen.
Vier der Sundheimer Hühner konnten wir bei uns aufwachsen sehen, denn ab Ostern 2023 waren sie als Küken in einem kleinen Gehege in unserem Foyer zuhause bis sie später zu ihren Artgenossen ins Freie gebracht werden konnten. Auch heute noch sind diese vier immer gemeinsam unterwegs. Die kleinen Seidenhühner sind mit ihren fast sieben Jahren inzwischen zu alt zum Eierlegen. Stattdessen brüten sie auf den Eiern ihrer großen Kolleginnen. Da das nicht zum Erfolg führt, dürfen sich die Mitarbeitenden in den Frühstückspausen schon mal über Eier glücklicher Hühner freuen.
Unsere Tiere werden seit vielen Jahren täglich liebevoll versorgt durch eine ehrenamtliche Helferin, die bei Wind und Wetter 365 Tag im Jahr jeden Morgen noch vor 7 Uhr die Gehege säubert und die Tiere füttert. Was für ein Glücksfall – für die Tiere und für uns! Dafür sind wir sehr dankbar.
Die Sitzgelegenheiten „bei den Tieren“ sind ein beliebter Treffpunkt unserer Bewohnerinnen und Bewohner. Sie laden zum Beobachten, Verweilen und zu Gesprächen ein. Auch manche Bewohner*innen vom gegenüberliegenden Betreut wohnen am Kurpark kommen regelmäßig herüber und besuchen die Tiere.
„Da hinten ist der Guller [bad. für ‚Hahn‘]“, freut sich eine Bewohnerin. „Wir hatten auch immer Hühner. Die Oma hat sie geschlachtet und ausgenommen. Das war sie so gewohnt, es hat ihr nichts ausgemacht. Ich hätte das nie gekonnt. Die hatten doch alle Namen“, erinnert sich jemand aus der Bewohnerschaft. Eine andere Dame erzählt, dass sie als Kind einmal von Gänsen gejagt wurde und seitdem Angst vor Gänsen hatte. Da sie Tiere über alles liebt, wollte sie als Erwachsene diese Angst überwinden und Kontakt mit Gänsen aufnehmen. Die Gelegenheit bot sich bei einer Bekannten, die zwei Gänse hatte, Theo und Thea. „Thea war immer eifersüchtig, wenn ich mit Theo sprach. Als sie Eier auszubrüten hatte, nutzte Theo die Chance und hat mich in sein Herz geschlossen. Einmal hatte ich ihn auf dem Arm, da hat er zärtlich an meinem Ohr geknabbert. Da konnte kein Liebhaber mithalten!“
Vielleicht nicht gerade Gänse, doch manche liebgewonnenen Haustiere können beim Einzug ins Heim mitgebracht werden, sofern die Bewohner*innen und deren Angehörige die Versorgung der Tiere sicherstellen. So leben bei uns nicht nur 73 Bewohnerinnen und Bewohner, sondern derzeit auch zwei Wellensittiche und bis vor kurzem eine Katze, die ihrer Besitzerin den Umzug ins Pflegeheim erleichterte.
Unsere älteste Bewohnerin – sie ist im letzten Sommer 101 Jahre alt geworden – erzählt, dass sie früher mehrere Wellensittiche hatte. Zwei davon hat sie ins Pflegeheim mitgenommen. Sie sagt: „Meine Vögel sind mein ein und alles! Meine Vögelchen kommen an erster Stelle. Na ja, stimmt nicht ganz: Die Menschen kommen an erster Stelle. Aber gleich an zweiter Stelle kommen meine Vögelchen!“
Viele unserer Bewohnerinnen und Bewohner freuen sich auf den Dienstagnachmittag, denn da kommen die Besuchshunde vom DRK. Sie dürfen gestreichelt und gefüttert werden und wecken auch die müdesten Bewohner*innen auf. „Oh, hat der ein weiches Fell!“, ist da zu hören. Und auch: „Wir hatten früher auch einen Hund. Caesar hieß der. Mit dem sind wir viel gewandert. Mein Mann war ganz vernarrt in ihn.“ Diese Therapiehunde dürfen auch zu unseren bettlägerigen Bewohner*innen in die Zimmer und sogar mit aufs Bett, sofern dies gewünscht wird. Sie bekommen dafür ein Handtuch untergelegt und ggf. kleine „Söckchen“ an. Es ist immer wieder eine Freude mitzuerleben, wie sich Augen öffnen und plötzlich zu leuchten beginnen!
An manchen Tagen ist auch noch Anton, unser Haus- und Hofhund bei uns; er ist (fast) überall dort, wo unser Haustechniker gerade im Einsatz ist. Die Dame, die sich mit den Gänsen angefreundet hatte, sinniert: „Wenn die Menschen verstehen würden, dass Tiere nicht nur Nutztiere sind, würde die Welt ganz anders aussehen!“ Und in unserem Heimalltag würde wie sie sehr vermissen!
Heike Söder, Haus Siloah Bad Krozingen